Wochenmärkte in Städten – längst keine Selbstverständlichkeit mehr

Ein Interview mit Elke Hammer zum Wochenmarkt

Vieles, was Rutesheim zu bieten hat, fehlt bereits in anderen Ortschaften. Denn es braucht Anbieter, denen es wichtig ist, ihren Kunden weiterhin die Nahversorgung zu garantieren, seien es Apotheken, Reinigungen, Buchläden, Metzgereien, Bäckereien und Konditoreien, der Textilhandel, die Gastronomie, Obst-, Gemüse- und Blumenläden, Lebensmittelmärkte, Fahrradläden, Optiker, Schreibwarenläden, Elektrohändler oder eben Beschicker für den Wochenmarkt. Danke an Sie alle, dass Sie uns allen das Bummeln, Genießen und Zusammenkommen im Stadtkern ermöglichen.

„Es ist jeden Monat, jeden Tag ein Kraftakt, dieses Angebot aufrechtzuerhalten“, weiß Elke Hammer von der Wirtschaftsförderung Rutesheim. Genauso, wie der Handel händeringend Personal oder Nachfolger sucht, ist diese Problematik auch auf den Wochenmärkten zu finden. Deswegen gebe es auch vielerorts weniger Einzelhandel, weniger Beschicker und weniger Kunden, die es in die Städte zieht – es ist ein Teufelskreis.

„Rutesheim arbeitet seit vielen Jahren gegen diesen Trend“, berichtet Elke Hammer. „Und wenn ich Rutesheim sage, meine ich nicht die Verwaltung allein, ich meine die Stadt, ihre Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Vereine – ich meine uns alle!“ Doch trotz aller Taten und allen Tatendrangs stellt gerade der Rutesheimer Wochenmarkt die Verwaltung weiterhin vor Herausforderungen. Dennoch möchte ihn die Stadt Rutesheim nicht kampflos aufgeben. Für die Bürger und die örtliche Nahversorgung will man sich weiterhin dafür einsetzen.

Elke Hammer beschäftigt sich seit Wochen intensiv mit dem Thema Wochenmarkt und ist im Interview näher auf die Probleme eingegangen.

Frau Hammer, wie ist der Stand in Sachen Wochenmarkt?

Elke Hammer:
Seit mehreren Jahren versuchen wir, Beschicker auf den Rutesheimer Wochenmarkt zu bringen. Leider mit mäßigem Erfolg. Erst seit wir den Standort gewechselt haben, haben zwei neue Beschicker zu uns gefunden, oder konnten vielmehr angeworben werden. Stand heute sollte sich im September noch ein weiterer Beschicker zu uns gesellen.  

Was sind die größten Herausforderungen?

Elke Hammer:
Bei der Suche nach neuen Beschickern kommen immer wieder dieselben Kernthemen auf: Erstens gibt es mehr Wochenmärkte als Beschicker und oft mehrere Märkte zur gleichen Zeit. Zweitens fehlt es wie im Einzelhandel oder generell im Lebensmittelhandel an Fachkräften/Verkaufspersonal und es gibt keine Nachfolger. Drittens gibt es immer mehr Auflagen, auch für die größeren Beschicker. Viertens sind der Bedarf und die Bedürfnisse der Generationen im Wandel. Welche Zielgruppen besuchen den Wochenmarkt? Fünftens wurden früher alle Produkte für den Wochenmarkt selbst angebaut und konnten lukrativ verkauft werden. In dieser Zeit ist es sehr risikoreich, seinen Lebensunterhalt nur als Marktbetreiber zu bestreiten. Einige haben bereits einen Nebenjob. Denkanstoß: Wie viel Umsatz müssten Sie als Betreiber (Handel wie Beschicker) am Ende eines Tages generieren, damit Sie morgens zwischen 3 und 4 Uhr aufstehen und Ihren Kunden um 7 Uhr frische Ware präsentieren und immer ein liebes Wort für sie haben oder ein nettes Gespräch mit ihnen führen?

Aber warum ist es dann so schön einen Wochenmarkt zu haben?

Elke Hammer:
Seitdem ich das „Wochenmarkt-Projekt“ unterstütze, habe ich sehr viel Achtung vor dieser Arbeit bekommen. Es ist ein Stück Lebensphilosophie: Weil es ein Stück Kultur ist, weil es ein generationsübergreifender Treffpunkt ist und weil auf unserem Markt Beschicker sind, die einem kleinen Betrieb angehören und daher ganz genau sagen können, von welchem Feld die Kartoffeln, der Salat oder die Heidelbeeren kommen; die Ihnen genau erzählen können, welche Wetterbedingungen welche Auswirkungen haben und warum die Karotte noch Dreck an der Wurzel hat und so krumm ist. Weil ein Wochenmarkt für eine Stadt eine einmalige Abwechslung in der Woche bedeutet und dadurch keine Konkurrenz entsteht, sondern eine Bereicherung. Weil jeder Einkauf nachhaltig ist und selbst mit kleinen Einkäufen Regionalität erhalten werden kann, damit unsere Felder auch morgen noch bewirtschaftet werden. Und bringen Sie Ihren Einkaufskorb, Gläser oder Tüten selber mit, dann haben Sie auch gleich unverpackt eingekauft. Rutesheim hat regionale Anbieter, die fünf bis sechs Tage die Woche vor Ort sind, und wir haben noch immer einen Wochenmarkt – jetzt auf dem Rathausplatz. Wir alle können dies erhalten. Daher möchte die Stadt alle Bürger und Bürgerinnen dazu auffordern, das vielfältige Angebot in Rutesheim, sei es das Angebot unter der Woche bei unseren Einkaufsläden oder bei unserem einmaligen Rutesheimer Wochenmarkt, zu nutzen! Nur wenn wir die Kaufkraft erhalten oder sogar steigern können, wird uns die Nahversorgung erhalten bleiben und wird der Wochenmarkt attraktiv für (neue) Beschicker sein.

Was unternimmt die Verwaltung zum Thema Wochenmarkt?

Elke Hammer:
Bürgermeisterin Widmaier hat sich dem Wunsch angenommen, den Wochenmarkt in Rutesheim zu erhalten, und wir sind weiterhin dabei, den Standort zu festigen. Bisher sind zu den bestehenden Beschickern weitere hinzugekommen. Es sind somit statt zwei immerhin schon vier Beschicker. Außerdem kommt alle zwei Wochen ein Honigverkäufer und wir haben einen Metzger in Aussicht. Es wäre also schön, wenn sich auch die Bevölkerung dazu bekennen und dieses Projekt unterstützen würde.

Was wünschen Sie sich für den Rutesheimer Wochenmarkt?

Elke Hammer:
Ich würde mich sehr freuen, wenn der Markt wieder mehr Leben bekommt. Ich möchte mit diesem Interview die Bevölkerung einladen, dem Ganzen eine Chance zu geben. Ich möchte auch nochmal dazu aufrufen, Ideen mitzubringen. Wie es so schön heißt, sei DU die Veränderung!
 

Zu sehen ist der Rathausplatz mit Marktständen und Kunden.